Reisebericht 2006


Das 5. Jahr

Nun ging es also ins fünfte Jahr, unser sehr lebendiges Schulaustauschprojekt mit unseren tschechischen Partnern vom Pavel-Krížkovský-Gymnasium in Brno. Und so lag es nahe, im Dezember des Schuljahres 2005/06, d.h. zum Besuch unserer Gäste aus Brünn, das Thema "Fünf" zur künstlerischen Bearbeitung vorzugeben.
Insgesamt 18 deutsche wie tschechische Schüler nahmen an drei Workshops teil, die - wie jedes Jahr - von Kollegen des Evangelischen Kreuzgymnasiums geleitet wurden. Herr Magvas und seine Musiker (diesmal nicht nur E-Gitarristen oder Schlagzeuger wie im Jahr zuvor!) ließen sich von der Zahl fünf musikalisch inspirieren ("take five" ...), Frau Christof brachte mit ihrer Truppe eine Mischung aus Klamauk und Schwarzlichttheater zum Thema "fünf Sinne" auf die Bühne und Frau Köhler überzog Digitalfotos von Dresdner Sehenswürdigkeiten mit einer chinesischen Verfremdungsschicht, die zwar nur entfernt etwas mit dem Thema zu tun hatte, aber trotzdem sehr spannend war. Wie immer klang unser 5. "Mährischer Abend" recht entspannt und fröhlich in unserem Schulclub aus.
Wenn man sich nun fragt, was diesen Austausch zwischen zwei sehr musisch ausgerichteten Gymnasien in Brünn und Dresden doch so erfolgreich und vital macht (über mangelnden Zulauf können wir absolut nicht klagen), so ist es doch wohl diese besondere Mischung aus gemeinsamem, zielorientiertem künstlerischen Arbeiten in binationalen Gruppen (die Kommunikation funktioniert immer erstaunlich reibungslos, obwohl viele unserer tschechischen Gastschüler die deutsche Sprache nicht mehr lernen und unsere Schüler wiederum über keine Tschechischkenntnisse verfügen) und einem sehr intensiven privaten Kennenlernen, das meist in der Freizeit, am Wochenende und abends stattfindet. Vor allem durch die von den tschechischen Gästen bevorzugte kollektive Gestaltung der gemeinsamen Zeit werden die Tage des Austauschs von unseren Schülern als sehr intensiv, interessant und natürlich auch anstrengend erlebt.

Noch intensiver gestaltet sich meist unser Gegenbesuch in der südmährischen Stadt Brno, was va. daran liegt, dass sich die Schüler schon gegenseitig kennen gelernt haben und somit die Phase des "Eisbrechens" schon in Dresden stattgefunden hat. So kann man erheblich lockerer an das gemeinsame Programm gehen, das von unseren tschechischen Kollegen ähnlich aufgebaut wird wie bei uns am Kreuzgymnasium. Das Thema des Aprilbesuchs 2006 lautete "Závislost - Abhängigkeit" und wurde von dortigen Kollegen fotografisch (der Brünner Fotograf Vojta Sláma fand unter unseren Schülern großen Anklang), theatralisch sowie in einem Geschichtsworkshop (die Leitung hatte der "allwissende" und wunderbares Brünner Deutsch sprechende Dr. Tomáš Jerábek) bearbeitet. Beschäftigt wurden die deutschen Gäste nicht nur abends (es gibt wohl kaum einen Brünner Club, den unsere Schüler nicht gesehen haben...), sondern auch am Wochenende, als wir zu einem Ganztagesausflug zur vollständig erhaltenen mittelalterlichen Burg Buchlovice, (Filmkulisse zahlreicher tschechischer Märchenfilme!) sowie in die wunderbare Barockstadt Kromeríž (Kremsier) eingeladen wurden. Begleitet wurden wir dabei wieder von unserem Sachverständigen, Dr. Jerábek, der zu jedem Detail die Hintergründe kannte. Und so machten wir an einem Tag die Bekanntschaft mit zwei Modellen der berühmten tschechischen Museums-"Puschen", die zum Schutz des historischen Fußbodens zu tragen sind. Was kann man von einem Sonntag mehr erwarten? Was kann man schließlich von einer Woche deutsch-tschechischem Schüleraustausch mehr erwarten als herzliche Umarmungen auf dem Bahnhof von Brno zum Abschied, die Versicherung, sich gelegentlich schreiben oder gar besuchen zu wollen und Erinnerungen an eine anstrengende, aber intensive, volle Woche im nahen und doch oft so fern und fremd scheinenden Nachbarland?

Ulrike Christof