Die Partnerstädte Dresden und Rotterdam haben dasselbe Schicksal erlitten: Beide wurden im Zweiten Weltkrieg so stark bombardiert, dass große Teile des Stadtzentrums in Schutt und Asche lagen. Rotterdam hat nach dem Krieg aber einen ganz anderen Weg des Wiederaufbaus beschritten als Dresden: Die Stadt wird heute beherrscht von moderner Architektur und ist deshalb zum Reiseziel zahlreicher an Architektur Interessierter aus ganz Europa geworden.
Im Mai 2005 fand anlässlich des 65. Jahrestags der Zerstörung Rotterdams durch deutsche Bomber in der Rotterdamer Laurenskerk ein Gedenk-Konzert des Kreuzchors statt. Dabei kam der Gedanke auf, zwischen den Städten eine Schulpartnerschaft aufzubauen. Das Kreuzgymnasium reagierte positiv auf eine Anregung des an dieser Idee arbeitenden Rotterdamer Goethe-Instituts und setzte sich mit dem Erasmiaans Gymnasium in Verbindung.
Das Evangelische Kreuzgymnasium und das Erasmiaans Gymnasium haben eins gemeinsam: Beide Institutionen sind sehr alt und nehmen deshalb eine besondere Stellung in ihrer Stadt ein. Das Erasmiaans Gymnasium ist daneben insofern eine besondere Schule, als außer dem üblichen Lehrstoff auch Latein und Griechisch Pflichtfächer sind. Die Schüler und Schülerinnen erlernen also mindestens vier Fremdsprachen.
Die auf beiden Seiten beteiligten Lehrer wurden sich schnell handelseinig: Ein Austausch erschien sinnvoll. Und deshalb wurde zügig mit der Umsetzung dieser Idee begonnen. Der Austausch ist gedacht für Schüler und Schülerinnen des 11. Jahrgangs. Dies liegt zum einen darin begründet, dass an unserer Schule für Schüler und Schülerinnen der Jahrgänge 9 und 10 schon Austauschprogramme existieren und zum anderen darin, dass die Rotterdamer Schüler und Schülerinnen erst spät mit dem Deutsch-Unterricht anfangen, ein Austausch zu einem früheren Zeitpunkt also wenig fruchtbringend wäre.
Nun kann man sich fragen, warum wir unseren Schülern und Schülerinnen, die doch kein Niederländisch lernen, einen solchen Austausch anbieten. Wer diese Frage stellt, der vergisst, dass eine derartige Reise auch noch andere Vorteile mit sich bringt als den der sprachlichen Fortschritte. Sie verschafft "Welterfahrung" durch das Erleben (nicht nur Erlesen) anderer Kulturen, durch die Bewältigung neuer stressiger Situationen, durch das Kennenlernen neuer Menschen. Und sie hilft, Vorurteile abzubauen. Im Idealfall fördert sie das Entstehen neuer Freundschaften, die bisweilen sogar lange Bestand haben.
Die erste Runde dieses Austausches fand im Schuljahr 2005/2006 statt. Die Rotterdamer taten den ersten Schritt und besuchten ihre Dresdner Partner vom 16. bis zum 22. November 2005. Unser Gegenbesuch fand vom 8. bis zum 14. März 2006 statt.
Das Programm der jeweils fünf Tage - mehr Zeit können weder unsere noch die holländischen Oberstufenschüler erübrigen - war in beiden Städten gleichermaßen vielfältig. Es setzte sich zusammen aus Stadtbesichtigung, Teilnahme am Unterricht und gemeinsamer Projektarbeit, in Dresden zum Thema
"Profil haben, Profil zeigen" und in Rotterdam ganz aktuell zum "Fußball". Das Wochenende bot einen gemeinsamen Ausflug nach Berlin bzw. Amsterdam und darüber hinaus Freizeit, die die Gastgeber entsprechend den Wünschen ihrer Gäste gestaltet hatten. Das Spektrum erstreckte sich hierbei von weiteren Besichtigungen über Kneipenbesuche und Videoabende bis hin zum Stadionbesuch. Bei all dem wurde die gute Laune wohl nur von zeitweiliger Erschöpfung eingetrübt.
Beide Wochen können, denke ich, als voller Erfolg bezeichnet werden, wovon auch die Berichte der beteiligten SchülerInnen zeugen. Weder für mich noch für meine holländischen Kollegen als begleitende Lehrer gab es - wie auch nicht anders erwartet - ein einziges Problem zu lösen. Deshalb haben Frau Fliegner, Herrn de Jonge und ich beschlossen, nächstes Schuljahr eine weitere Runde zu starten.
Christoph Lüders im Mai 2006
|