Projektwoche 2003 - Physik (Tag 2)


Inhalt
Tag 1: Besuch des "Markus-Semmler-Stollns"
Tag 2: Einführung in das Thema Kernphysik
Tag 3: Besuch des Museums Uranbergbau
Tag 4: Erarbeitung von Schülervorträgen


Tag 2: Einführung in das Thema Kernphysik

Am zweiten Tag wurden wir von unserer Projektleiterin und Physiklehrerin Frau Dr. Wellner mit den Grundlagen der Kernphysik vertraut gemacht. Zunächst beschäftigten wir uns mit dem Aufbau des Atomkerns und den Strahlungen radioaktiver Stoffe. Als Beispiel für den radioaktiven Zerfall diente ein Versuch, bei dem die Strahlung von Uranerz gemessen wurde. Dabei konnten wir den Einfluss von Abschirmungen und Abstand auf die Intensität der Strahlung beobachten.

Noch weiter ins Detail ging es beim Umgang mit der Nuklidkarte und dem Aufstellen von Zerfallsreihen. Dem folgten die Grundlagen zur Nutzung der Kernspaltung in Atomkraftwerken. Natürlich gehörten dazu auch die Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl.

Mit einem Ausblick auf die Fusionsenergie neigte sich dieser Projekttag seinem Ende zu.

Themen dieses Projekttages

Hier folgt die Theorie, die an diesem Projekttag behandelt wurde. Selbstverständlich waren nicht nur theoretische Grundlagen das Thema dieses Tages, sondern auch der Bezug zur Praxis wurde nicht vergessen. Insbesondere wurde auch auf die (gestrige) Besichtigung des Markus-Semmler-Stollns (Tag 1) und den noch bevorstehenden Besuch des Uranbergbau-Museums (Tag 3) eingegangen.

Grundlagen der Kernphysik

Atome bestehen aus Atomhülle und -kern. In der Kernphysik wird nur der Kern betrachtet.

Atomkern

Der Atomkern macht fast die gesamte Masse eine Atoms aus. Er besteht aus Nukleonen (Protonen und Neutronen). Die Anzahl der (positiv geladenen) Protonen spiegelt sich in der Kernladungszahl Z wieder. Die Anzahl der Neutronen wird durch die Neutronenzahl N ausgedrückt.

Da Neutronen und Protonen fast identische Massen besitzen, gilt für die Massenzahl A:

A=N+Z

Der Zusammenhalt des Atomkerns erfolgt durch die Kernkraft. Diese ist größer als die Abstoßungskraft der geladenen Protonen.

Atomkerne, die durch die Massenzahl A und die Protonenzahl (entspricht Kernladungszahl bzw. Ordnungszahl) Z eindeutig gekennzeichnet sind, nennt man Nuklide.

Schreibweise:   Symbol

Beispiel:   U-235

Radioaktivität

Bestimmte Atome geben eine Kernstrahlung ab. Diese Eigenschaft wird als Radioaktivität bezeichnet. Es werden 3 Strahlungsarten unterschieden: alpha-, beta- und gamma-Strahlung.

alpha-Strahlung

Die alpha-Strahlung besteht aus Heliumkernen ( He-4 ).

beta-Strahlung

Diese Strahlung entsteht bei der Umwandlung von Nukleonen. Beim Zerfall eines Neutrons entstehen ein Proton und ein beta-Teilchen (Elektronen):

Neutron -> Proton + beta-minus-Teilchen

Die Strahlung wird als beta--Strahlung bezeichnet.

Die energetisch aufwändigere Umwandlung eines Protons in ein Neutron tritt nur bei künstlich erzeugten Kernen auf. Hierbei entsteht ein Positron und man spricht von beta+-Strahlung:

Proton -> Neutron + beta-plus-Teilchen

gamma-Strahlung

Die gamma-Strahlung ist eine elektromagnetische Strahlung, die bei alpha- oder beta-Zerfall emittiert wird. Durch gamma-Strahlung wird weder die Massenzahl noch die Kernladungszahl verändert.

Strahlenschutz
Strahlenwarnzeichen für radioaktive Stoffe

Kernstrahlungen verursachen ab einer bestimmten Intensität Gesundheitsschäden und können bei entsprechend hoher Dosis zum Tod führen. Deshalb müssen Maßnahmen zum Schutz vor radioaktiver Strahlung getroffen werden. Den besten Schutz liefern Stoffe wie Blei, die die Strahlung abschirmen können. Weiterhin nimmt die Strahlung mit zunehmendem Abstand deutlich ab. Alle radioaktiven Stoffe müssen mit dem Strahlenwarnzeichen (siehe rechts) gekennzeichnet werden.

Isotop

Isotope sind Atomkerne eines Elements (gleiche Protonenanzahl Z), die eine unterschiedliche Neutronenanzahl N besitzen.
Es gilt: A=N+Z. Aufgrund der unterschiedlichen Massezahlen A besitzen sie unterschiedliche physikalische Eigenschaften.

Halbwertszeit

Die Halbwertszeit ist die Zeit, in der sich die Anzahl der Atome eines Elementes halbiert. Die Ursache hierfür liegt in der Abgabe einer Kernstrahlung. Da die Halbwertszeit spezifisch für eine Atomkernart ist, wird sie z.B. zur Altersbestimmung eingesetzt. Am bekanntesten ist die Altersbestimmung von Kohlenstoff (C-14-Methode). Dabei beträgt die Halbwertszeit 5760 Jahre.

Halbwertszeiten einiger Nuklide
Element Nuklid Halbwertszeit
Polonium Po-212 3*10-7 Sekunden
Silicium Si-27 4,8 Sekunden
Iridium Ir-195 2,5 Stunden
Plutonium Pu-236 2,9 Jahre
Kohlenstoff C-14 5760 Jahre
Uran U-235 700 Millionen Jahre
Uran U-238 4,4 Milliarden Jahre

Nuklidkarte

Die Nuklidkarte besteht aus einem Koordinatensystem mit der Neutronenanzahl N und der Protonenanzahl Z als Achsen. Sie beinhaltet die Elemente und deren Isotope. Anhand der Farbgebung lassen sich stabile Nuklide von instabilen unterscheiden. Weiterhin ist die Art der Strahlung angegeben, die beim Zerfall des instabilen Nuklids emittiert wird.

Manche Nuklide sind mit mehreren Farben gekennzeichnet, da bei ihnen verschiedene Zerfallsarten möglich sind. Dabei ist das Flächenverhältnis der Farben (eines Nuklids) zueinander ein Maß für die Wahrscheinlichkeit des jeweiligen Zerfalls.

Im Gegensatz zur hier verwendeten, vereinfachten Darstellung besitzen die meisten Nuklidkarten noch weitere Angaben, z.B. Häufigkeit des natürlichen Vorkommens, Atommasse, Energien der emittierten Strahlung, Häufigkeit der Zerfallsarten und Dauer des Zerfalls.

Nuklidkarte
Ausschnitt einer Nuklidkarte (vereinfacht)

Zerfallsreihe

Beim Zerfall instabiler (radioaktiver) Nuklide entstehen neue Atomkerne und Strahlung. Die entstandenen Atomkerne können wiederum zerfallen. Dieser Vorgang setzt sich so lange fort, bis ein stabiler Atomkern entstanden ist. Listet man diese nacheinander entstanden Atomkerne auf, so erhält man die Zerfallsreihe. Da einige Nuklide in unterschiedliche Teile zerfallen können (alpha- und beta-Zerfall möglich), kann die Zerfallsreihe mehrere Wege zu einem stabilen Kern aufweisen.

Vorgehensweise beim Erstellen einer Zerfallsreihe (am Beispiel Uran-235)

Schritt Nuklid Farbe Auswertung
1 U-235 grün, gelb Uran-235 kommt auch als stabiles Nuklid (grün) vor - die Häufigkeit dafür ist jedoch gering. Die Farbe gelb verweist auf den alpha-Zerfall, d.h. von U-235 wird ein alpha-Teilchen ( alpha-Teilchen ) abgespalten. Dazu werden die Massenzahlen und die Kernladungszahlen subtrahiert (235-4=231 und 92-2=90). Somit entsteht ein Isotop von Thorium (Ordnungszahl 90): Th-231
2 Th-231 blau Blau ist das Kennzeichen für beta--Zerfall, d.h. ein beta--Teilchen ( beta-minus-Teilchen ) wird abgegeben. Die Berechnung des entstehenden Atomkerns erfolgt analog zu Schritt 1:
231-0=231 und 90-(-1)=91, d.h. es entsteht Pa-231.
3 Pa-231 gelb alpha-Zerfall analog Schritt 1
4 Ac-227 gelb, blau Bei AC-227 ist sowohl alpha- (gelb), als auch beta--Zerfall (blau, häufiger) möglich. Somit kann Fr-223 (bei alpha-Zerfall) oder Th-227 (bei beta-Zerfall) entstehen.
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    Die Fortsetzung der Zerfallsreihe erfolgt analog den Schritten 2 oder 3.
x Pb-207 grün Unabhängig davon, wie sich die Reihe ab Schritt 4 fortsetzt, wird das Nuklid Pb-207 erreicht. Dieses ist stabil (grün), d.h. es zerfällt nicht weiter. Damit ist die Zerfallsreihe beendet.


Zerfallsreihe von Uran-235

(Bei verschiedenen Zerfallsmöglichkeiten wird die häufigste angenommen.)

U-235 -> alpha-Teilchen + Th-231 -> beta-minus-Teilchen + Pa-231 -> alpha-Teilchen + Ac-227 -> beta-minus-Teilchen + Th-227 -> alpha-Teilchen + Ra-223 -> alpha-Teilchen + Rn-219 -> alpha-Teilchen + Po-215 -> alpha-Teilchen + Pb-211 -> beta-minus-Teilchen + Bi-211 -> alpha-Teilchen + Tl-207 -> beta-minus-Teilchen + Pb-207

Kernspaltung

KernspaltungBei der Spaltung eines schweren Kerns durch ein Neutron entstehen 2 leichtere Kerne, schnellere Neutronen und gamma-Strahlung. Bei diesem Vorgang wird Energie freigesetzt, die z.B. in Atomkraftwerken genutzt wird. Die entstehenden Kerne (Spaltprodukte) sind stark radioaktiv.

Beispiel: Spaltung von Uran-235:

U-235 + Neutron -> Ba-144 + Kr-89 + 3 Neutronen + gamma

Bei der Spaltung eines solchen Uran-235-Kerns wird eine Energie von 202 MeV freigesetzt.

Ob die Kernspaltung spontan erfolgt oder (z.B. durch Neutronenbeschuss) erzwungen werden muss, ist vom Material abhängig.

Kettenreaktion

Bei der Spaltung von Kernen entstehen mehrere Neutronen. Diese können wiederum Kerne spalten. Bei einer unkontrollierten Kettenreaktion werden große Energiemengen in kürzester Zeit frei. Dies ist das Grundprinzip der Atombombe.

Im Gegensatz dazu verwendet man bei einem Atomkraftwerk eine kontrollierte Kettenreaktion, d.h. die Rate der Kernspaltungen wird begrenzt.

Atomkraftwerke

Das Grundprinzip eines Atomkraftwerkes ist die kontrollierte Kernspaltung. Dazu wird in einem Reaktor nur ein geringer Anteil von spaltbarem Material für die (kontrollierte) Kettenreaktion genutzt. Die Energie der Kernspaltung wird genutzt, um Wasser zu erhitzen und damit elektrische Energie zu erzeugen. Die Erzeugung von elektrischer Energie erfolgt nach dem gleichen Prinzip wie bei anderen Wärmekraftwerken (Kohle-, Gas- ...) über eine Turbine und einen Generator - dabei müssen jedoch zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen radioaktive Kontamination getroffen werden.

Zu den wichtigsten Stoffen, die für den Spaltungsprozess benötigt werden, zählt Uran-235. Atomkraftwerke verbrauchen ca. 1g dieses Stoffes pro Megawatt und Tag.

Prinzipieller Aufbau eines Druckwasserreaktors

Zu den verbreitetsten Typen von Kraftwerken gehören die Leichtwasserreaktoren, wie z.B. der Druckwasserreaktor. Druckwasserreaktoren arbeiten mit 2 Wasserkreisläufen, die vollkommen getrennt voneinander sind. Somit ist gewährleistet, dass keine kontaminierten Materialien die starke Betonabschirmung verlassen können.

Druckwasserreaktor    1- Abschirmung (Beton, Stahl)
2- Regelstab
3- Reaktordruckbehälter
4- Brennelement (Uran)
5- Pumpe
6- Wärmetauscher und Dampferzeuger
7- Frischwasser (-Zufuhr)
8- Frischdampf (-Ableitung)
9- Druckhalter
Positive Aspekte der Atomkraft

Atomkraftwerke haben eine sehr hohe Leistung und verursachen keine Umweltbelastungen, wie sie bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen.

Negative Aspekte der Atomkraft

Kernfusion

Bei der Kernfusion erfolgt der Energiegewinn aus der Fusion zweier leichter Atomkerne zu einem schwereren.

Einen ausführlicheren Überblick bietet der Kurzvortrag "Kernfusion" (Tag 4).



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erstellt von D.H. am 20.11.2003

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