Die Ergebnisse des Projektes

 

Zur Bedeutung der Braunkohle im Südraum Leipzig

Ende des 18. Jahrhunderts durchzogen noch breite Niederungen der Weißen Elster und der Pleiße die Leipziger Tieflandsbucht. Geprägt war diese ebene bis leicht gewellte Oberfläche durch fruchtbare Löß- und Geschiebelehmböden, die sogar in den Auen einen beeindruckenden Bestand von Laubbäumen aufwies. In einer Tiefe von ca. 50-70 Metern erstreckten sich vier abbauwürdige Kohleflöze, von denen 1991 im Bornaer Revier rund zwei Milliarden Tonnen Kohle bereits, abgebaut wurden.

Der landwirtschaftliche Charakter des Bornaer Raumes endete gegen 1890. Vielfältige Prozesse der Urbanisierung und Industrialisierung erhöhten die Nachfrage an Kohle. Weitere Gründe für den Bedarf an Kohle waren der Anschluss an die Bahnlinie Leipzig-Hof (1872), die Brikettierung, der Fortschritt der Bergbautechnik und die Herausbildung kapitalkräftiger Unternehmen. Sogenannte Gewerkschaften und Aktiengesellschaften in Lobstädt, Witznitz, Großzössen und Deutzen ersetzten die Kleinbetriebe vollständig. Borna verwandelte sich aus einer Ackerbürgerstadt mit Verwaltungsfunktionen und kaum 7.000 Einwohnern in ein Zentrum des nordwestsächsischen Bergbaureviers.

Laut H. Müller (1904), später Generaldirektor der Aktiengesellschaft ,,Sächsische Werke" (ASW), ist eine wirtschaftliche Nutzung der reichen Kohlevorkommen nur in. Großtage­bauen mit einer jährlichen Fördermenge von mindestens drei Millionen Tonnen möglich. Dieses technisch nun mehr mögliche Fördervolumen setzte jedoch

1. einen überregionalen Bedarf,

2. die Abtrennung der Kohlelagerstätten vom Grundeigentum und

3. eine Rangordnung voraus, die großräumige Abbaufelder vor anderen

Nutzungsansprüchen schützte.

Ein überregionaler Bedarf an den westsächsischen Kohlevorkommen entstand erst mit der Verwirklichung der weitsichtigen Elektrifizierung der sächsischen Staatsregierung. Aus einem Naturpotential wurde eine wirtschaftliche Option.

Nach der Gründung der staatlichen sächsischen Elektrizitätswerke (dem Vorläufer der ASW) im Jahre 1916, dem Ankauf und Ausbaus des Kraftwerkes Hirschfelde zum Ostkraftwerk der Landesstromversorgung, ergaben sich hohe Verluste bei der Energieübertragung zum Verbrauchsschwerpunkt Westsachsen an der Staatsgrenze zu Preußen. Daraus leitete der Landtag die Notwendigkeit ab, ein Westkraftwerk, auf Braunkohlebasis im Raum Böhlen zu errichten. Doch der Devisenmangel um 1930 war ein Motiv für Bestrebungen zur Erzeugung synthetischen Treibstoffs. Dieses Motiv wurde nach 1934 ergänzt durch Arbeitsbeschaffungs­maßnahmen und eine rüstungswirtschaftliche Autarkiepolitik. Die neugegründete BRABAG (Braunkohle-Benzin-AG) erhielt die Aufgabe, Hydrieranlagen zur Erzeugung von Benzin, Dieselkraftstoffen und Schmierölen zu errichten.

Diese Region bot nach den damaligen Reichweiten von Bombenflugzeugen Sicherheit vor Luftangriffen im Kriegsfall. Schwelerei und Teerhydrierwerk Böhlen nahmen bereits Anfang 1936 die Produktion auf Der Strombedarf beider Anlagen verwandelte das ,,Westkraftwerk“ in ein Industriekraftwerk (IKW). Die Versorgung der Luftwaffe mit Flugbenzin wurde, zur Hauptfunktion Böhlens. Nach 1939 versorgte, der Betrieb in Espenhain die Marine mit Dieselöl. In den Jahren 1939 und 1943 wurde der ASW für die Tagebaue Böhlen und Espenhain Felder übertragen, die erstmalig geschlossene Ortschaften und Verkehrsbänder einbezogen. Resultat davon waren z.B. die Vernichtung des Dorfes Breunsdorf 1994/95 und die Umsiedlung der Einwohner auf die Nachbargemeinden.

Im Jahr 1997 sind in Deutschland insgesamt 177 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert worden, davon rund 15 Millionen Tonnen in der Region Leipzig-Halle. Gut 26 Prozent des deutschen Stromverbrauchs deckt die Braunkohle. Die Stromwirtschaft plant, langfristig Braunkohlenkraftwerke mit einer Gesamtleistung von über 20.000 Megawatt in Deutschland zu betreiben, davon etwa 10.000 im Rheinland, rund 3.000 in Mitteldeutschland sowie 7.000 MW in der Lausitz. In den neuen Bundesländern ist die Nachrüstung von insgesamt 4.000 MW Kraftwerksleistungen der VEAG bereits abgeschlossen. Auf dem Weg in ein 6.000 MW umfassendes Neubauprogramm. Insgesamt werden bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts etwa 24 Milliarden investiert.

Laut einer Studie des Leipziger Institutes für Energie und Umwelt (IFE) wird bis 2020 der Anteil der Braunkohle am Primärenergieverbrauch von derzeit 37% auf 23 bis 26% zurückgehen. Den Spitzenplatz der Braunkohle werden Erdöl und Erdgas übernehmen.

Das Kraftwerk Lippendorf mit einer Leistung 1.730.000 Kilowatt kann einen Weltrekord-wirkungsgrad mit einer Effizienz von über 42% aufweisen. Im Vergleich dazu liegt der Wirkungsgrad der besten Braunkohleanlagen der Welt bei 36%. Mehr als die Hälfte der Fernwärme von Leipzig wird aus dem Neubaukraftwerk Lippendorf ausgekoppelt werden. Die beiden Großkraftwerke im Südraurn Leipzig, Lippendorf und Thierbach, sind mit allen verfügbaren Anlagen hundertprozentig in Betrieb. Beide Anlagen verbrauchen pro Tag 25.000t Rohkohle. Diese kommt zu 80% aus dem Tagebau Zwenkau, der Rest aus dem Tagebau Profen in Sachsen-Anhalt. Etwa 50.000t gehen täglich aus den Tagebauen Profen und Zwenkau, vor allem in die VEAG-Kraftwerke, aber auch an die Stadtwerke von Dessau, Chemnitz und Erfurt.


Ein Überblick über die Braunkohleförderung im Südraum Leipzig (Geschichte 1864-1989, Folgen der Wende 1989-1999, Zukunft...)

1864 begann der industriemäßige Abbau der Braunkohle. Die Braunkohleabbaugesellschaft ,,Grube Mansfeld“ erwarb ca. 100 ha Grundbesitz, bohrte das Grubenfeld für damalige Verhältnisse mit 37 Bohrungen gründlich ab und nahm 1865 die Förderung auf

In diesen Zeitraum fällt auch die Vorbereitung des Berggesetzes von 1868. Es schuf die Voraussetzung, dass größere Grubenfelder angelegt werden konnten, ohne dass der Bergbaubetrieb gezwungen war, die Oberfläche zu erwerben, deren Kauf ihn zumindest bei Abbaubeginn ökonomisch stark belastet hätte. Dies hatte zur Folge, dass um 1870 in Borna, Lobstädt, Gaschwitz und Frohburg unter aktiver Mitwirkung von Banken mit hohem Finanzkapital moderne Bergbaubetriebe die Arbeit aufnahmen. In der Zeit von 1870 bis 1900 stieg die Förderung auf über eine Million Tonnen pro Jahr an.

1883 entstand in Altengroitzsch bei Pegau die erste Brikettfabrik im Raum Borna, die eine Jahresproduktion von über 20 Millionen Stück erreichte. Es folgte der Bau von Brikettfabriken in Borna, Zwenkau und anderen Städten. Bereits im Jahre 1900 wurden ca. 88.000 Tonnen Brikett produziert; das waren fast zehn Prozent der geförderten Braunkohle. Der damit verbundene Aufschwung und die Bedeutung der nordwestsächsischen Braunkohle zeigt sich auch im Güterumschlag der Eisenbahn. Der Kohletransport machte 1898 bereits 20 Prozent des sächsischen Eisenbahngüterverkehrs aus.

Seit etwa 1910 erforderte auch die stark zunehmende Elektrifizierung den Ausbau und den Betrieb von Kraftwerken.

Zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg erfuhr die Tagebautechnik eine gewaltige Entwicklung. Der Zugverkehr in den Tagebauen wurde im wesentlichen elektrifiziert und moderne Tagebaugeräte steigerten den Abraum- und Kohlefluss. Bei Kriegsende waren die Werke infolge von Bombenangriffen stark oder völlig zerstört. 1946 konnte die Kohleförderung jedoch bereits den Vorkriegsstand erreichen.

Nach der weltweiten Erdölkrise 1973/1974 wurden der Braunkohlenbergbau und seine Veredlungsindustrie um so schneller weiter ausgebaut.

Der marktwirtschaftliche Umbruch der Deutschen Einheit erzwingt tiefgreifende Änderungen der Erzeugnisstruktur mit allen Chancen und Risiken für eine neuerliche Veränderung des Wirtschaftsraumes. Diese Änderungen zielen in drei Richtungen:

Þ Stillegung der auf wirtschaftlicher Unabhängigkeit ausgerichteten und subventionierten Betriebe,

Þ grundlegende Modernisierung seiner konkurrenzfähigen Elemente und

Þ Umstellung durch neue Erwerbsmöglichkeiten

Im August 1990 wurden die Schwelerei in Espenhain und die zugehörigen Brikettfabriken stillgelegt. Der Wegfall von Subventionen sowie eine veränderte und insgesamt reduzierte Nachfrage erzwangen das Zurückfahren weiterer Produktions- und Förderkapazitäten. Die Briketterzeugung lief zum Jahreswechsel 1994/95 unwiderruflich aus. Entsprechend stellten im gleichen Zeitraum fünf von acht Tagebauen ihre Produktion ein. Die Stillegung der Förderkapazitäten bedeutet allerdings auch die wahrscheinlich endgültige Aufgabe eines bereits erschlossenen Lagerstättenvorrates von über 350 Millionen Tonnen.

Mit den Anwendungsbereichen Verstromung und Fernwärmeversorgung kehrt die Kohle­wirtschaft gleichsam zu den 20er Jahren zurück, in die Zeit vor der rüstungs- und kommando-wirtschaftlichen Verfremdung ihrer Produktionsmöglichkeiten. Kernpunkte eines Energiekonzeptes sind die Entwicklung des regionalen Bedarfs und der Nachweis einer konkurrenzfähigen und umweltschonenden Kohleverwertung. Außerdem verlangt die Verordnung über Großfeuerungsanlagen den Einbau von wirkungsvollen Entstaubungs-, Entschwefelungs- und Entstickungsanlagen bis 1996. Dieser Forderung wird mit der mittelfristigen Stillegung des Kraftwerkes Lippendorf, und ab 1995 mit der Grundsteinlegung zur Errichtung eines neuen Kraftwerkes mit zwei 800MW Blöcken, entsprochen.

Ab Jahresanfang 1997 wurde der Tagebau Schleenhain umgerüstet, dass bedeutete auch keine Kohleförderung, um von 1999 an das neue Kraftwerk Lippendorf über vier Jahrzehnte hinweg kostengünstig mit Brennstoff versorgen zu können. Die am 1.1.1994 gegründete MIBRAG, an der zwei ausländische Unternehmen die Anteile zu gleichen Teilen halten, muss für das Herrichten des Jubilars Schleenhain, da er 1999 50 Jahre alt wird, 451 Millionen DM aufbringen. Das positive daran ist die Beteiligung von Firmen aus der Region zu 60% zur Instandsetzung.

Neue Erwerbsmöglichkeiten gründen sich vor allem auf die natürlichen und Arbeitskräfte-potentiale der Region. Dazu gehören:

Þ Eine Umwandlung lebensfähiger Teilbetriebe der Kohle- und Energiewirtschaft in unab­hängige Unternehmen oder Tochtergesellschaften bei gleichzeitiger Erweiterung ihres gewerblichen Spektrums. So entstanden bereits Spezialbetriebe in den Bereichen des Bauwesens sowie der Ver- und Entsorgung;

Þ die Entwicklung der Bauwirtschaft unter Nutzung der pleistozänen Schotter, Kiese, Sande und Tone und Erfahrungen der in Borna traditionellen Ziegelherstellung;

Þ die Versorgung der benachbarten Ballungsgebiete mit landwirtschaftlichen Frischprodukten und transportempfindlichen Erzeugnissen;

Þ der tertiäre Sektor mit Dienstleistungen für Wirtschaft und Bevölkerung, Freizeit und Erholungseinrichtungen.

Zur Zeit sind 414 Leute in Schleenhain beschäftigt; im Vergleich dazu 650 in Zwenkau bei einer jährlichen Förderung von 5,6 Millionen Tonnen Braunkohle.

Die geographischen Folgen der Wende beinhalten auch die Notwendigkeit und Chance einer Rekultivierung des Naturraumes, der weitgehend im Wirtschaftsraum aufgegangen ist.

Altlastflächen sind auf wenige, vor allem karbochemische Standorte begrenzt. Die Beein­flussung der Böden erreichte in den Hauptwindrichtungen noch keine hygienisch bedenkliche Größenordnung. Fördermaßnahmen des Bundes geben die Möglichkeit, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) zur Sanierung kontaminierter Standorte, wie in Espenhain und Cospuden, der 1992 stillgelegt wurde und bis heute anhaltend rekultiviert wird. Mit den ABM-Arbeiten zur landschaftlichen Gestaltung stillgelegter Tagebaue schließt sich ein Zyklus, der mit der ,,produktiven Erwerbslosenfürsorge" zum Aufschluss des Böhlener Tagebaus vor fast 70 Jahren begann.

In den anderen Tagebauen jedoch verschwinden die Bagger zunehmend, um einem umfassenden Rekultivierungsprogramm Platz zu machen, das den Südraum Leipzig innerhalb der nächsten Jahre und Jahrzehnte in eine Seenplatte verwandeln soll. Wurden in den vergangen Jahren die Landschaftsräume rücksichtslos zerstört, um die Energieversorgung zu gewährleisten, so gibt es heute nun wieder Hoffnung für die arg geschundene Landschaft, die vielerorts eher an Mondkrater, als an ein ehemals intaktes Ökosystem erinnert. Es mangelt nicht an Ideen zur zunächst modellhaften Gestaltung einer attraktiven Landschaft im Leipziger Südraum. Dazu gehören als aussichtsreichste Projekte die Einrichtung eines ,,europäischen Umweltparkes“ sowie die Vorbereitung einer Bundes- oder Landesgarten­schau im Jahre 2000. Das Restloch Cospuden hat bereits gezeigt, dass die Flutung der ehemaligen Tagebaue eine passable Lösung darstellt, die sich letztenendes vorteilhaft für alle auswirken wird. Wenn sämtliche Projekte, die zum großen Teil heute noch in der Planung stecken, abgeschlossen sind, wird im Süden Leipzigs nur noch wenig an den, einstigen Kohleabbau erinnern. Doch ganz wird die Kohle aus dem Raum nicht verschwinden, denn noch immer ist sie ein unerlässlicher Energieträger, der neben der Kernspaltung, Erdöl und Erdgas sicherlich ebenso bedeutend für die Energieerzeugung ist.

Fördertechniken

Im Tagebau Zwenkau findet man mit der Förderbrücken-, der Band-, der Bahn,- und der Trucktechnologie die gängigsten Fördertechnologien. Die gegenwärtige Förderleistung beträgt 6 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Größe der Betriebsfläche beträgt etwa 12 km2. Im Zwenkauer Tagebau sind etwa 5,9 Milliarden Tonnen Braunkohle vorhanden, von denen etwa 1 Milliarde Tonnen zum Abbau interessant sind. Im Vergleich zu anderen Tagebauen in Deutschland sind die Abbaukosten in Zwenkau am günstigsten. Bei einem Abraum-Kohle-Verhältnis von 2,9:1 kostet eine Tonne 28DM. Als Abraum wird die Schicht bezeichnet, die über der Kohle liegt und mit abgebaut werden muss. Diese überflüssigen Materialien werden in bereits ausgekohlte Flächen des Tagebaus Zwenkau gekippt.

Maßgeblicher Bestandteil der technologischen Ausrüstung ist die Abraumförderbrücke AFB 18, welche seit 1939 in Betrieb ist. Die AFB 18 läuft auf drei Stützen und hat eine maximale Spannweite von 523 m. Der Ausleger der Brücke ist 153 m lang. Durch einen eingebauten Zwischenabwurf werden Stützkippenschüttungen aufgebaut, die das Rutschen der Hauptkippe verhindern. Die Förderbrücke ist mit zwei Baggern vom Typ Es 1600 ausgestattet, die im Tiefschnitt den wesentlichen Teil des Oberabraums abtragen.

Der Vorschnittbagger dient zur Gewinnung von Kulturboden und Kies. Der Kulturboden trägt zur Rekultivierung der zurückgegebenen Flächen bei, während der Kies zur Stabilisierung der Strossen, Wege und Plätze, sowie zur weiteren Vermarktung verwendet wird.

Dem Brückentiefschnitt folgen Schaufelradbagger, die die Kohle des Oberflözes und geringe Restoberabraummengen abbauen.

Das Abraummittel zwischen den Flözen und dem Unterflöz werden in zwei Schnitten gewonnen. Um die Transportwege des Abraums zu verkürzen,. werden 80t-Trucks und Hydraulikbagger eingesetzt. Um Strossenendbaggerungsverluste zu vermeiden wird ein Schaufelradbagger mit einem Bandwagen betrieben. Der gebaggerte Abraum wird über 900mm-Spur-Gleise mit Abraumzügen zu Absetzern gefahren, die den Abraum in Tiefschüttungen verstürzen und in Hochschüttungen eine 2m mächtige Kulturscheibe auf die Kippflächen auftragen.

Die gewonnene Kohle wird zu einem Kohlebunker im Drehpunkt des Tagebaus gefahren. Von dort gelangt sie über eine Schrägbandanlage zur Verladung und dann zu den Verbrauchern. Zur Gewährleistung der Standsicherheit der einzelnen Gewinnungs­böschungen ist das Gebirge vor seinem Abbau ausreichend zu entwässern. Dazu werden mit einem Vorlauf von 2-3 Jahren Filterbrunnen angelegt, die die wasserführenden Schichten des Deckgebirges entwässern. Insgesamt sind ständig etwa 250 Filterbrunnen aktiv, die die Sicherheit des Tagebaus Zwenkau garantieren.

Quellen: gesammelte Zeitungsausschnitte

Probleme der Braunkohleförderung im Südraum Leipzig

Bei der Förderung der Braunkohle treten vielschichtige Probleme auf. Durch den Rückgang der Braunkohleförderung und der geplanten Stilllegung des Tagebaus bis Ende 1999 ist ein enormes soziales Problem entstanden, für das es bisher keine befriedigende Lösung gibt. Seit der Wende 1989 erfolgte ein starker Arbeitskräfteabbau. 1989 waren im Südraum Leipzig etwa 30.000 Menschen in der Braunkohleindustrie beschäftig, zwei Jahre später arbeiteten nur noch etwa 35% der Leute dort. Die Region, die seit 150 Jahren vom Bergbau geprägt ist, muss nun unbedingt wirtschaftlich umstrukturiert werden, da es kaum andere Verdienstmöglichkeiten gibt, in denen die ehemaligen Arbeiter des Tagebaus Zwenkau unterkommen können.

Der Braunkohletagebau befand und befindet sich immer noch in einer schweren Akzeptanz­krise, hervorgerufen durch zahlreiche Ortsverlegungen. So wurden seit 1950 z.B. die Orte Cospuden, Schleenhain, Gaschwitz und Witznitz verlegt. Diese Verlegung konnten nur mit großem finanziellen Aufwand bewerkstelligt werden, da u.a. neue Verkehrsnetze erforderlich waren. Man kann in drei verschiedene Formen der Ortsverlegung unterscheiden:

Bei einer Einzelumsiedlung bekommen die Betroffenen eine Entschädigung und dürfen sich den neuen Wohnort selbst aussuchen. Genau wie bei der nächsten Variante, der Gruppenum­siedlung, wird die dörfliche Gemeinschaft zerstört. Bei dieser zweiten Möglichkeit lassen sich die Bewohner gruppenweise in den umliegenden Ortschaften nieder. Zu 70% wird eine geschlossene Umsiedlung durchgeführt. Die Bevölkerung darf den neuen Ort mitbestimmen und baut dort das Dorf wieder um. Bei allen drei Varianten ist eine Entschädigung seitens der Fördergesellschaft für die betroffene Bevölkerung nötig.. Legitimiert werden diese Ortsverlegungen u.a. durch das Landesplanungsgesetz, das Bundesberggesetz und das Baugesetzbuch.

Auch die Umwelt wird durch den Bergbau stark geschädigt. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht das Treibhausgas Kohlendioxid, welches zur Zerstörung der Ozonschicht beiträgt. Beschränkt wird der Ausstoß vom 1974 verabschiedeten Bundes­immissionsgesetz zur Luftreinhaltung und Lärmbelästigung. Problematisch ist auch die Lagerung von Abfallprodukten und Altlasten, die derzeit nur in den Tagebauen deponiert werden.

Die Landschaft ist geprägt durch die technische Infrastruktur, den Tagebau und Kippflächen, durch Forstmonokulturen und Tagebauseen. Diese Landschaft muss mit einer zukunfts­orientierten Ausrichtung der wirtschaftlichen Potentiale zu einer Kultur- und Naturlandschaft rekultiviert werden. Diese neue Kulturlandschaft kann Seen, Kanäle, Auelandschaften und Waldgebiete beinhalten. Ein Beispiel dafür ist der Tagebaurestsee Cospuden, der zu einem Naherholungsgebiet umgewandelt wird.

Ein weiteres Problem sind die Grundwasserabsenkungen, welche für die Braunkohleförderung vorgenommen wurden. Sie betrifft nicht nur den Tagebau selbst, sondern auch die Umgebung. Durch die dadurch hervorgerufene Setzung des Bodens kommt es zu Gebäudeschäden. Außerdem trocknen Hausbrunnen aus. Neben diesen ökonomischen Schäden kommt es auch zu ökologischen Schäden. Bäume und Kulturpflanzen erreichen das Grundwasser nicht und vertrocknen, genauso wie feuchteabhängige Pflanzen. Feuchtbiotope mit schutzwürdigen Tieren und Pflanzen gehen gänzlich verloren. Dies führt zu einer Veränderung der Vegetation.

Die Beseitigung und Finanzierung dieser ökologischen Schäden erweist sich als schwierig und ist nur mit einem enormen finanziellen und materiellen Aufwand zu bewältigen.

 

Die zwischen 1938 und 1989 abgebrochenen Tagebau Ortschaften und Siedlungen:

  Zaschwitz, Prödel, Cospuden Zwenkau-Cospuden (früher Böhlen)
  Görnitz, Hartmannsdorf, Blumroda Borna
  Schleenhain, Droßdorf Schleenhain
  Witznitz Witznitz 1
  Zöpen, Treppendorf, Trachenau, Hain, Kreudnitz Witznitz 2
  Leipen, Piegel, Peres Peres
  Gaschwitz, Rüben, Zehmen, Stöhna
  Gröbern, Magdeborn, Rödigen Espenhain
  Nenkersdor, Schönau Borna-Ost

 

Herr Arthur Enoch ( geb. 1927 ) ein Beitrag der Max - Klinger - Schule Leipzig

"Der Tagebau war mein Leben"

In den Winterferien 1999 hatten wir Herrn Enoch bei uns in der Projektgruppe des Comenius Projektes zu Besuch. Er erzählte uns von seinem Leben und seiner Arbeit im Tagebau. Hier eine Kurzfassung seines Bericht:

Herr Enoch besuchte bis 1943 eine Mittelschule und wollte anschließend Förster werden. Er wurde aber gleich nach der Schule zur Wehrmacht eingezogen. Im Krieg geriet er in Gefangenschaft, aus der er 1946 entlassen wurde. Als ungelernter Arbeiter hatte er schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt der Nachkriegszeit und so fing er im Braunkohlebergbau an. Das brachte gleich mehrere Vorteile. Zum einen ein warmes Essen, jeden Tag ein relativ hohes Gehalt und Vorteile bei der Vergabe von Lebensmitteln und Konsumgütern.

Am Anfang arbeitete er als Kipper und hatte die Aufgabe die vollen Abraumwagen zu leeren. Die Wagen wurden mit der Hand in ein Rinne. gekippt, später übernahm ein Druckluftmechanismus diese Aufgabe. Zu einem Zug gehörte ein Kippertrupp von drei Männern.

Es wurde in drei Schichten gearbeitet1 da der Tagebau rund um die Uhr in Betrieb sein musste. Es waren in jeder Schicht sieben Arbeiter anwesend. Die Schichteinteilung war in Frühschicht (6.00-13.30 Uhr), die Mittelschicht (13.30-21.30) und die Nachtschicht (21.30- 5.30) unterteilt. Da diese Arbeit sehr anstrengend war, wechselte 1947 dann seinen Aufgabenbereich als ihm die Stelle eines Lokführers angeboten bekam. Nun fuhr er den Abraum im Tagebau zu den Halden.

Die Züge im Tagebau wurden, von 25 Tonnen schweren Loks der Firmen Siemens, AEG oder BBC gezogen. Die mit ,vier Motoren mit je 250 PS ausgestatteten Maschinen benutzten eine 600 V Fahrleitungsspannung. Die ersten fuhren auf Gleisen mit einer Spurbreite von 900 mm; aufgrund von späteren Standardisierungen setzte sich aber dann auch im Tagebau die heute übliche Spurbreite von 1435 mm durch. Ein Zug bestand aus acht bis zehn Wagen mit einer 16m³ Abraum oder Kohle. Die ersten Wagen im Kohleabbau besaßen nur 4m³ und die heutigen 25m³. Die Kohlezüge fuhren in drei Stunden drei bis sechs mal vom Bagger zur am Tagebau liegenden Brikettfabrik, entsprechend wie dick die Kohleflöze waren. Um den Ablauf kontinuierlich zu halten, wurden die Züge nicht gedreht, sondern zum Bagger hin gezogen und davon weg geschoben.

Als wir ihr auf die Erlebnisse als E-Lokfahrer ansprachen, erzählte er uns von den zahlreichen Unfällen, aber er betonte, dass diese zum Großteil an der Leichtsinnigkeit der Arbeiter lagen. Aber die Modernisierung der Technik verringerte später auch die Anzahl der Unfälle.

Ab Januar 1950 bis zum Juli 1951 arbeitete er als Elektriker in der Brikettfabrik Witznitz in der Nähe von Borna.

In den Jahren von 1952 bis 55 besuchte er dann die Zwickauer Ingenieurschule und studierte dort Elektrotechnik. Nach Abschluss wurde er an das Brikettwerk bei Meuselwitz vermittelt und absolvierte dort ein Assistentenjahr.

Als dieses zu Ende war wurde er Tagebauenergetiker und war somit für alle elektronischen Anlagen des Tagebaus zuständig. Auf unsere Fragen hin erklärte er uns noch ein paar technische Einzelheiten, unter anderem, dass Bagger und Abschütter mit 10 kV Wechselspannung laufen und Gleichstrom bei. der Fahrleitung den Stellwerken und den Entwässerungsanlagen genutzt werden. Probleme bei seiner Arbeit waren die fehlenden Ersatzteile, die dafür sorgten, dass der Tagebau manchmal für Wochen außer Betrieb war. Zu einem Energieverbund gehörten ein Tagebau, vier Brikettfabriken und drei kleinere Kraftwerke.

1960 stieg er dann zum Hauptenergetiker auf und arbeitete zum Großteil in einem lndustriekraftwerk. In einem solchen Kraftwerk wurden bis zu 100 MW Strom erzeugt. Heute lebt Herr Enoch als Rentner und erinnert sich noch gern an die Zeit in der Braunkohle. Zu einigen gezielten Fragen gab er uns folgende Antworten:

Preis der Briketts:

19 DM pro Zentner in der BRD

1 M pro Zentner in der DDR

Herstellung der Briketts

¨ Kohle bei 180 Grad Celsius in Röhren oder auf riesigen Tellern getrocknet und dann in Pressen gef6rmt -> näheres im Kapitel der Techniken

Umweltschutz

¨ Rekultivierung : auf zugeschütteten Tagebau wurde Mutterboden aufgetragen und die Fläche so in Ackerland gewandelt -> heute werden aus Tagebaulöchern meistens Seen

¨ Entschwefelungsanlagen in der DDR entweder nicht vorhanden oder total veraltet, so dass sehr viel Schwefeldioxid in die Atmosphäre gelang.

¨ es gingen sehr viele Berichte und Beschwerden der Bevölkerung ein, aber es wurde auf Grund von Geldmangel nichts unternommen.

Eine Umfrage zum Leipziger Südraum Die Braunkohleförderung spielt seit Hunderten von Jahren eine große Rolle für den Südraum von Leipzig und dessen Umgebung. Sie hat dieses Gebiet und deren Landschaft geprägt - auf den Punkt gebracht, eine Mondlandschaft zurückgelassen.

Doch ist dieser Wirtschaftsfaktor wirklich so bedeutend und wichtig für die Menschen, die heute, in den letzten Jahren dieses Jahrtausends, in Leipzig leben? Diese Frage wollten wir mittels einer Umfrage versuchen zu beantworten.

Wir entschieden uns für ein Einkaufszentrum außerhalb der Leipziger Innenstadt und stellten etwa zwanzig Passanten einige Fragen über ihre Meinung und ihr Wissen zu dem Braunkohleabbaugebiet in der Nähe ihrer Heimatstadt. Doch die Antworten waren, anders als von uns erwartet, eher karg. Abgesehen von einigen, die sich gar nicht äußern wollten, zuckten andere mit den Schultern und stellten die Frage nach dem Besonderen am Südraum Leipzig, die wir ihnen zuvor gestellt hatten, uns. Diese Reaktion. fiel uns vor allem bei den Befragten zwischen 20 und 40 Jahren auf, wogegen zum Beispiel ein zwölfjähriges Mädchen sich an einige Einzelheiten aus ihrem Heimatkundeunterricht erinnerte.

Doch es gab natürlich auch andere positive Ergebnisse, vor allem bei den Befragten ab 40 Jahren.

Ein Herr lud uns, nachdem er einige Zeit unseren Befragungen gelauscht hatte, an seinen Tisch ein und berichtete uns ausführlich über sein Leben und seine Arbeit in der Braunkohle. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung sprach er sich jedoch eher für die Förderung alterna­tiver Energiequellen aus, da seiner Meinung nach zum Beispiel ,,die Atomenergie nicht beherrschbar sei“. Auch andere ältere Befragte berichteten uns, wie sie vom Braunkohleabbau betroffen wurden. ,,Mein Garten wurde weggebaggert.“ Dies ist nur eine der zahlreichen Antworten, die wir erhielten. Aus diesem Grund sahen auch die meisten der Befragten keine große Zukunft für die Nutzung der Braunkohlenenergie.

Daraufhin erkundigten wir uns noch bei einigen anderen Leuten nach ihrer Meinung über die Rekultivierung der Tagebauflächen. Bis auf einige Ausnahmen fanden alle Gefallen an der Idee, bald ein Seen- und Erholungsgebiet am Rand von Leipzig vorzufinden, am Beispiel des Cospudener Sees, den vor allem die jüngeren Leipziger in den nächsten Sommermonaten nutzen möchten.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die meisten Leipziger nicht viel über die Tagebaue im Südraum Leipzig wissen bzw. kein Interesse an der Geschichte des Südraums haben, jedoch die zukünftigen rekultivierten Gebiete, aber doch mit Freude erwarten und begrüßen werden.

   

Die Ergebnisse der Umfrage:

  Unter 20 Jahren 20 bis 40 Jahre 40 bis 60 Jahre Über 60 Jahre
  ja nein ja nein ja nein ja nein
Wissen Sie etwas über die Braunkohle im Südraum von Leipzig?
25% 75% 0% 100%
60%
40%
33%
67%
Sind Sie betroffen? 0%
100% 0%
100% 40%
60%
33%
67%
Würden Sie das geplante Seengebiet nutzen? 100% 0% 100% 0% 60% 40% 67% 33%
  Steigen sinken Steigen sinken Steigen sinken Steigen sinken
Wie wird sich die Braunkohlennutzung entwickeln? Keine Ahnung   0% 100% 20% 80% 0% 100%