Die Entstehung des Leipziger Auenwaldes

 

  Die ersten Pflanzen im Gebiet des Leipziger Auenwaldes wurden durch die Eiszeit vernichtet. Das Schmelzwasser der Saaleeiszeit ließ eine tiefe Rinne entstehen. Diese bildete das Elster- und Pleißebett, auf dessen Sandboden sich Tiere und Pflanzen ansiedelten. Durch die jährliche Überschwemmung der Aue mit Löß setzte sich Schlamm ab. Fruchtbarer Auelehm bildete sich und die Grundlage für den Auenwald war gegeben. Weitere Einzelheiten über die frühe Entstehung dieses Gebietes sind in der Ausarbeitung über die geologischen Verhältnisse im Raum Leipzig zu finden.

Schon vor etwa 250 000 Jahren sind Spuren von altsteinzeitlichen Menschen im Gebiet um Leipzig zu finden. Doch wesentliche Einflüsse verursachten die entstehenden Siedlungen auf die Auenwaldflächen nicht. Einen bedeutenden Eingriff in diesen Raum stellten die einzelnen Flussregulierungen und Trockenlagerungen sowie der Bau von Brücken oder Verteidigungsanlagungen nicht dar. Die Auenwaldungen besaßen lediglich Bedeutung für die Siedler in der Gewinnung von Nahrungsmitteln und Materialien wie den Auelehm zur Herstellung von Ziegeln.

Im 14. Jahrhundert stieg erstmalig das Interesse der Stadt an den Waldgebieten der Aue. Es erfolgte im Jahre 1367 der Ankauf eines ca. 280 ha großen Gebietes. Ebenfalls wurde das Interesse der Bürger geweckt, da die Waldungen und Wiesen einen erholsamen Ausgleich für die Enge der damaligen Stadt boten. Im Nordwesten der Stadt reicht das Auegebiet Rosental noch heute dicht ans Stadtzentrum heran. Diese Fläche bekam die Stadt 1463 von Franziskanermönchen geschenkt. Im Jahre 1463 wurde eine städtische Oberförsterei gegründet. Durch die steigende Bedeutung der Bewirtschaftung des Auenwaldes ergibt sich die Berufung einer Forstdeputation im Jahre 1514. Dessen Aufgabe beinhaltete die Beachtung der Belange des Waldes. Nach der Reformation erwarb die Stadt 1543 umfangreiche Waldgebiete durch die Säkularisierung der Klöster.

Die erste Leipziger Waldverordnung wurde 1563 erlassen. Es folgte die Vermessung und Einteilung aller Ratsforsten in 20 Schläge. Erstmalig ist in dieser Zeit die Anpflanzung von jungen Bäumen sowie der Holzeinschlag aktenkundig erwähnt.

Im Jahre 1617 trat die zweite Leipziger Waldordnung in Kraft, welche die genaue Regulierung des Holzeinschlages zur Aufgabe hatte. Während der schwedischen Feldzüge wurden wertvolle alte Eichenbestände im Auegebiet Rosental geplündert. Die Stadt Leipzig kaufte 1663 dieses Rosental und den gesamten Pleiße- Elster- und Luppewald von Connewitz bis Wahren (ca. 2700 ha).

Weiterhin fand die Einteilung der Waldgebiete der Aue in die Revierförstereien Kuhturm, Burgaue und Rosental bis Mitte des 19. Jahrhunderts statt. Mit beginnenden 18. Jahrhundert vollzog sich ein Eingriff in die natürliche Auenlandschaft durch das Entstehen kunstvoller barocker Gärten vor den Toren der Stadt (Bsp.: 1685 Großbotanischer Garten und Apelsgarten). Nachdem die Napoleonische Fremdherrschaft beendet und man sich von den Kriegsleiden erholt hatte, setzte 1830 die Industrielle Revolution ein. Damit verbunden war eine verstärkte Bautätigkeit und so verschwanden immer mehr Bereiche der freien Leipziger Auenlandschaft.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu gewaltigen Eingriffen durch den Bau von Wohn- und Industrieanlagen. Ebenfalls wurden Auenbereiche durch neue Straßen und Eisenbahnstraßen zerschnitten. Die Bevölkerung reagierte auf diese industrielle Veränderung mit einem gesteigerten, sozialen Anspruch auf Erholungsmöglichkeiten. In Folge dessen entstanden z.B. die Schreber - Hausschild - Kleingartenvereine und die Volksparks. Im Jahre 1837 gestaltete der Kunstgärtner Siebeck das Gebiet Rosental zu einem Naturpark um. Von 1858 bis1861 vollzog sich die Umgestaltung der Heiligen Wieden zu einem Landschaftspark (südwestlich von Leipzig) durch Wilhelm Seyffert (Auftraggeber) und Peter Joseph Lenné (Ausführer). Diesen nannte man dann Johannapark. Er gelangte 1881 in den Besitz der Stadt. Die Eröffnung der Pferderennbahn 1867 im Scheibenholz führte zum Anlegen einer Flutrinne durch das Connewitzer Holz um das Frühjahrshochwasser der Pleiße abfangen zu können. Der natürliche Floßgraben wurde mittels Baumaßnahmen unterirdisch verlegt. Ende des 19. Jahrhunderts begann die Gestaltung des Geländes südlich der Frankfurter Straße (heute Jahnallee). Das Erdreich wurde für eine sanfte Wellung in der Landschaft geändert und es entstand der Palmengarten.

Wegen der Sächsisch - Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 wurde die Auenwaldpartie Scheibenholz - Johannapark - Palmengarten umgestaltet, da diese Fläche als Ausstellungsgelände genutzt werden sollte. Der Landschaftspark „Albertpark“ entwickelte sich. Im Zeitraum von 1904 bis 1922 bildete sich die Gartenverwaltung heraus, deren Aufgabe in der Verwaltung verschiedener Forstgebiete bestand. In der selben Zeit entstand ein Wildpark im Connewitzer Holz. Seit 1912 gab es Bestrebungen Gebiete des Auenwaldes unter Schutz zu stellen, doch der Wald wurde weiterhin sich selbst überlassen.

Die Drosselung des Holzschlages führte zu einem Zurückdrängen der natürlichen Verjüngung und so gelang das Unterholz und Schattenholz an Macht. Es folgte eine Überalterung der Eichenbestände, vorrangig von Esche und Ahorn.

Da im Jahre 1856 die Oberförsterstelle aufgelöst wurde, kam es zu einer ständig ändernden Bewirtschaftung.

Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges fand in Leipzig eine erhöhte Bauaktivität statt. So wurde z.B. für den Bau des Leipziger Hauptbahnhofs eine große Menge Kies benötigt, welchen man südlich von Wahren abbaute. Aus dem Restloch entstand der Auensee. Das Umfeld gestaltete man zum Lunapark.

Zu Beginn der 40er Jahre kam es zum Bau des Elsterstausees bei Knauthain.

Im Jahre 1949 wurde das Kreisforstamt Grimma gegründet, dem der gesamte Auenwald unterstellt war.

Der Leipziger Stadtwald wurde 1952 verstaatlicht und den Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Grimma zugeteilt. Es folgte die Rekultivierung des Gebietes Scheibenholz, Nonne, Johanna- und Albertpark sowie des Palmengartens. Diese wurden mit Spielplätzen, Terassen, Bänken und Bühnen versehen. Die Fläche weihte man 1955 unter den Namen „Clara - Zetkin - Park“ ein. Der gesamte Leipziger Auenwald wurde Ende der 50er Jahre unter Landschaftsschutz gestellt. Anfang der 60er Jahre fand die Errichtung einiger Naturschutzgebiete statt. Die Belastung der Fließgewässer stieg und so folgte 1963 bis 1965 die Verrohrung des Elstermühlgrabens vom Schrebergarten bis zur Jahnallee.

Im Raum um Leipzig wurde der Abbau von Braunkohle zu einem wichtigen Industriezweig. Viele Auenwaldgebiete fielen dem zum Opfer wie z.B. Ende der 80er Jahre der Raum Lauer mit ihrem aus dem 16. Jahrhundert stammenden Wasserschloss.

Der südliche Auewald wurde bald durch die Verbindungsstraße zwischen Markkleeberg und Großzschocher zerschnitten. Im Jahre 1981 erfolgte die Einweihung de Fernverkehrsstraße (B2/B95). Für diese mussten Bäume am Rande der Connewitzer Aue geopfert werden.

Andere Waldflächen wurden zur Naherholung intensiv genutzt. So entstand von 1976 bis 1978 das „Zooschaufenster“ zwischen dem Zoologischen Garten und Rosental und im Jahre 1979 folgte die Einweihung des neuen Wildparks.

Die geologischen Verhältnisse im Leipziger Auenwald Das Leipziger Auengebiet ist Bestandteil der Leipziger Tieflandsbucht, einer nach Süden gerichteten Ausweitung der Norddeutsch - Polnischen Senke. Diese ist durch Ablagerungen von Lockergesteinen aus der Erdneuzeit (Tertiär und Quartär) gekennzeichnet. Die maßgebliche Prägung erhielt der Leipziger Raum im Quartär.

Morphologisch besteht das Leipziger Gebiet aus einer schwach gewellten, vielfach jedoch tischebenen Platte, die von den jungquartären Flußauen der Weißen Elster und Pleiße zerschnitten wird. Diese weisen eine durchschnittliche Breite von 2-5 km auf. Im Bereich der randlichen Hochfläche ist in der Schichtfolge ein vielfältiges Spektrum an glaziären Sedimenten, in erster Linie mächtige Grundmorännen, erhalten. Die Auen zeigen dagegen eine recht monotone fluviatile Abfolge. Im oberen Abschnitt des deutlich zweigeteilten Sedimentpaketes lagert 2-3 m mächtiger Auelehm, darunter folgen im Mittel 4-7 . Mächtigkeit erreichende Flußsskiese und -sande nicht nur jungquartären Alters. Die Auflagefläche der grundwassergefüllten Schotter bilden tertiäre Lockergesteine. Nur im Bereich Leipzig - Lindenau streift die Aue auch Prätertiäeauftragungen.

Im einzelnen lassen sich folgende quartäre Schichten erkennen:

Im südlichen Teil der Aue, zwischen Großzschocher und Connewitz sind an der Basis des heutigen Flussbettes Schotter eines ehemaligen Saalearmes nachgewiesen worden. Das Gewässer floss nach Norden in Richtung Delitzsch. Ebenfalls noch vor der Überdeckung durch den elstereiszeitlichen Gletscher floss ein gemeinsamer Elster - Pleiße- Lauf, aus Knautnaundorf kommend, nach Norden. Nordwestlich von Leipzig wird die heutige Aue zwischen Raßnitz und Stahmeln fast rechtwinklig von Schottern des Lützen - Schkeuditzer Saalelaufes unterlagert. Diese 2-4 m mächtigen Sande und Kiese werden als frühelstereiszeitlich eingestuft. Die Frühelsterterrasse stellt im gesamten Saale - Elbe - Gebiet die geodätisch tiefste Flussterrasse dar. Von den glazigenen Sedimenten wie Bänderton und Geschiebelehm blieb im Auengebiet infolge der späteren Erosion nichts übrig.

Im frühen Abschnitt der Saaleeiszeit lagerten Saale, Weiße Elster und Pleiße erneut breite Schotterkörper, die Hauptterrasse, im Unterlauf ab. Die Hauptterrassenschotter der Weißen Elster sind vor allem westlich der heutigen Aue als 3-5 km breiter Gürtel erhalten geblieben. Charakteristisch für den Geröllbestand der Weißen Elster ist ein hoher Anteil an Quarz mit Beimengungen von Schiefer, Sandstein und wenig Granit.

Die Herausbildung des Leipziger Auegebietes in der heute erkennbaren Konfiguration setzte am Ende der Saaleeiszeit ein, nachdem die wallartig abgesetzten Lockermassen den bisherigen Abfluss nach Norden blockierte und die Weiße Elster dadurch zu der auffälligen Richtungsänderung nach West bis Nordwest zwangen. Aus der Eemwarmzeit haben sich in der Umgebung Leipzigs keine Ablagerungen erhalten. Mit der Klimaverschlechterung, die am Ende des Eeminterglazials einsetzte, lebte die Schottersedimentation durch die Flüsse wieder auf. Die Akkumulation von Flusskiesen hielt während des gesamten Wechselglazials an, da es zu keiner weiteren Gletscherbedeckung des Gebietes kam. Im Unterlauf von Elster und Pleiße überragt dieser als Niederterrasse bezeichnete Schotterkörper der Aue randlich um maximal 3 m, meist ist er jedoch unter der heutigen Aue verborgen. Die Flussschotter der Weichseleiszeit können bis über 10 m mächtig werden; von unten nach oben lässt die Folge eine deutliche Korngrößenabnahme erkennen. Außer an den Talrändern konnten sich auch innerhalb des Talbodens Reste der Niederterrasse als lehmbedeckte Aufragungen erhalten. Wie in Tagebauanschnitten wiederholt sichtbar gewesen, wird die Terrasse von Frostmerkmalen gekennzeichnet. Häufig treten auch Erscheinungen von Kryoturbation auf, sie hinterließen girlandenartig verborgene und ineinander verschlungene Sedimentbänder.

Die fluviatile Sedimentation im Gebiet der Weißen Elster und der Pleiße setzen sich kontinuierlich bis ins Holozän fort. Zunächst gruben sich die holozänen Flussläufe in breiten Rinnen 5-10 m tief in die Schotter der Niederterrasse ein. Innerhalb der Flussbetten kam es zu ständiger Grobsedimentablagerung, d.h. es wurden durch seitliche Erosionen weichselglaziale Kiese und andere in die nacheiszeitliche Flussbewegung einbezogen. Eine Erhöhung des Flussbettes war die Folge. Zwischen weichseleiszeitlichen und holozänen Schotter sind deshalb auch keine qualitativen Unterschiede im Geröllbestand festzustellen. Bei der fluviatilen Aufarbeitung der Niederterrasse stürzten Bäume (Kiefern, Ulmen, Erlen) in die Flussläufe und wurden in die Schotter eingebettet. Auf dem Talboden entwickelte sich im Frühholozän unter der Einwirkung von Überschwemmungen und des allgemeinen hohen Grundwasserstandes Torf.

Vor etwa 6000 Jahren (Atlantikum) setzte die Sedimentation von Auelehm ein. Der teils mehr sandige, teils mehr Scluff wurde in abklingenden Überschwemmungsphasen außerhalb des Flussbettes abgelagert. Es kam zu einer allmählichen Erhöhung der Talsohle. Auf die ungleichmäßig verlaufende Auelehmsedimentation hatte die Besiedlung (Rodung, Ackerbau) der mittleren Elster - Pleiße Gebietes signifikanten Einfluss. Die zuoberst lagernden Sedimentschichten, meist weiselglazialer Sandlöß/Löß, waren im verstärktem Maße der Abschwemmungen durch Niederschlagswässer ausgesetzt.

Als ein Abschnitt intensiver Auelehmsedimentation erwies sich die bronzezeitliche Besiedlung. Auch die infolge des mittelalterlichen Landesausbaues flächenhaft wirkende Erosion verursachte nicht nur heftige Überschwemmungen, sondern erneut kräftigen Lehmabsatz. Zeiten geringer Sedimentablagerungen in der Aue sind durch mehrere begrabene Bodenbildung ablesbar. Aufgrund seiner plastischen Beschaffenheit baute man den Auelehm als Ziegelrohstoff ab, so z.B. bei Markkleeberg und Großzschocher. Durch den Bau von Talsperren, Flussbegradigungen und Eindeichungen wurde in den letzten Jahrzehnten die Hochwassergefahr minimiert und die Fortsetzung der Auelehmbildung verhindert.